Cyanotopie in der Bretagne
Sophie Hermsen
Was ist denn Cyanotopie?
Cyanotopie, auch Eisenblaudruck genannt, ist ein Verfahren zur Herstellung von fotografischen Bildern. Es wurde 1842 entwickelt von Naturwissenschaftler und Astronom John Herschel.
Anna Atkins machte die Cyanotopie durch ihre Bücher mit Pflanzenabdrücken bekannt.
Davon inspiriert wollte ich Cyanotopien von Algen in der Bretagne anfertigen. Zuerst hatte ich kein Konzept und bin das Projekt experimentell angegangen. Die Algen sammelte ich an Stränden, die wir besuchten. Ich probierte verschiedenen Papiere und Pinsel aus und experimentierte mit der Menge an Lösung. Manchmal legte ich nur eine Alge auf das Blatt und manchmal ordnete ich mehrere an.
Sonne, wo bist du…
Wir hatten leider sehr wechselhaftes Wetter und nur selten kam die Sonne mal raus. Deswegen konnte die Lösung bei der Hälfte der Versuche erst gar nicht reagieren und sich zu dem typischen Blau der Cyanotopie verfärben. So sieht man die Algen auf den Blättern gar nicht bis sehr schwach. Bei ein paar Versuchen hat es allerdings sehr gut funktioniert und der Umriss der Algen ist gut sichtbar.
Übersicht aller Cyanotopien auf Papier
Eine Nummer größer: der Vorhang
Ich hatte nun schon viele klassische Cyanotopien von den Algen auf Papier angefertigt. Außerdem hatte ich einen weißen Vorhang aus Baumwolle (130 cm x 270 cm) mitgenommen, den ich auch noch nutzen wollte. Ich wollte auszuprobieren was passiert, wenn ich den Vorhang mit der Lösung tränke und ihn am Strand in die Wellen legen.
Studie Cyanotopie mit Wellen
Auf dem Vorhang kann man sehr viele unterschiedliche Strukturen erkennen. Manche sehen aus wie feine Verzweigungen und manche wie große Farbkleckse. Der untere Teil ist etwas heller, so als ob die Wellen die Farbe weggespült hätten. Wenn man genau hinschaut kann man teilweise scharfe Konturen erkennen, bis wohin die Welle auf dem Vorhang gespült wurde.
Die Rückseite hat ein anderes Muster und ist heller als die Vorderseite. Dort kam eben nicht so viel Sonnenlicht hin. Es sind außerdem strahlenartige Linien zu erkennen, die an eine für die Bretagne typische Jakobsmuschel erinnern. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Linien eher durch das Falten des Vorhangs für den Transport entstanden sind.
Man muss eher erahnen, wobei es hier hier handelt und wie das Muster auf dem Vorhang entstanden ist.
Vorderseite
Rückseite
Wellen und Algen
Im letzten Schritt führte ich die Wellen und die Algen zusammen. Dafür habe ich ausgesuchte Algen Cyanotopien in digitale Skizzen übersetzt und zu einem neuen Muster arrangiert. Dieses Muster brachte ich mit Stickerei auf den Vorhang.
Vorhang ist noch in Arbeit...
Fazit: So unvorhersehbar wie die Natur
Mein Projekt hat einen sehr experimentellen Ansatz und war dem Zufall überlassen. Auf Wetterbedingungen konnte ich keinen Einfluss nehmen, obwohl ich mir natürlich mehr Sonne gewünscht hätte. Ich musste mich an der Natur orientieren und konnte nur Cyanotopien machen, wenn die Sonne es zuließ. Manchmal hat es geklappt, manchmal eher weniger...
Mein Konzept entwickelte sich erst im Prozess und ich habe ausschließlich mit dem Material gearbeitet, welches ich in der Bretagne angefertigt habe.
Am Ende wurde der Vorhang zu einer Analogie meiner Wahrnehmung vom Meer in der Bretagne. Man kann auf den ersten Blick nicht so wirklich erkennen, worum es sich bei dem Vorhang handelt, es gibt immer wieder Momente, in denen man neue Strukturen und Muster erkennt. Es ist unvorhersehbar wie die Wellen, die mit ihren Bewegungen, den Vorhang gefärbt haben. Die Kombination mit den Algen macht das Ganze noch mal vielschichtiger und erinnert mit den organischen Formen an das Leben, das sich im Meer befindet. Vor allem die Menge und Vielzahl von Algen, die wir an den Stränden in der Bretagne gesehen haben, sind mir in Erinnerung geblieben.
Und dann wäre da noch der Vorhang an sich, mit dem man eigentlich etwas verbergen möchte. So viel wir auch wissen über das Meer, bleibt es dennoch zum großen Teil für uns unergründlich.